Der letzte Verräter


Über die Berge von Utanna fliegt ein einsamer Adler. Niemand weiß, was seine Augen erblicken, wo er gewesen und wohin sein Weg ihn führt. Seine Flügel tragen ihn weit, doch die Entfernungen, die zwischen den Gefährten von einst liegen, sind selbst für diesen Adler zu groß.

Artax geht seit langem andere Wege, die weit von denen der anderen liegen. Nach seinen Irrfahrten hat er Zugang zu einer Diebesgilde in Oil gefunden, wo er wieder zu seinem alten Verhalten gefunden hat. Jetzt, da Longus die Welt verlassen hat, bindet ihn kein Schwur mehr. Tatsächlich hat er sich der Nicht-kirche angeschlossen, trotzdem erinnert er sich gerne der vergangenen Tage. Manchmal spürt er die Versuchung, wieder Abenteuer mit der alten Gruppe zu bestehen, doch die Verpflichtungen der Gilde halten ihn immer wieder davon ab. Nur einmal begegnete er zufällig Feiache, der auf dem Weg zur Tagis war. Es war nichts weiter als eine kurze Episode, die sogar zu kurz war, um Erinnerungen aufleben zu lassen.

Der Zwillingsbruder von Lins, Erbs, ist weiterhin auf Novelien beschäftigt. Er ist weiterhin unterwegs, Erfahrung auf dem Gebiet der Magie zu sammeln. Nachdem er alle Gefährten aus den Augen verlor, hat er nur noch mit Irisi Kontakt, der ihn das eine oder andere Mal begleitete bei kleineren Unternehmungen. Doch die meiste Zeit verbringt er in der Magiergilde von Utiloh. Hier erwartet er neue magische Erkenntnisse, die ihm durch ständiges Reisen entgehen könnten.

Ganvir Glendermain, der Kämpfer der Sumatary, hat sich nie völlig vom Einfluß Apokalypses erholt. Der hoffnungslose Versuch seiner Gefährten, die Welt von dem verfluchten Schwert zu befreien, den er immer noch als Verrat ansieht und nicht verziehen hat, ließ ihn lange Zeit unruhig durch die Wälder der Ta-Iga wandern. Kurze Zeit fand er Zuflucht bei den Elfen, doch auch dort hielt es ihn nicht. Schließlich kehrte er zu den Sumatary zurück, um dort zu erfahren, daß sein Cousin Pireus gerade die Steppe verlassen hatte. Erschöpft von Einsamkeit und unablässiger Wanderung, versucht er hier in der Heimat wieder zur Ruhe zu kommen.

Irisi Flimsi, den Seher des Königshauses von Novelien, hält es nicht an diesem Ort und sein unstillbares Verlangen nach weiterem Wissen treibt ihn dazu, die Tore des Mondes zu erforschen. An mancher Stelle hat er schon Xnimur, dem alten Mentor, geholfen, Informationen, die wichtig im Zusammenhang mit den Dämonen waren, nach Utanna zu bringen. So keimt langsam der Verdacht in der Rakibewegung von Utanna, daß es sich bei Asgarot und Barudal um zwei besondere Dämonen handeln muß. Sein direkter Einfluß auf das Geschehen ist aber schlagartig verschwunden, seit er Kyra und Chem ihrem Schicksal in der versunkenen Stadt überließ. Während seiner Streifzüge durch die Mondtore nahm er ein oder zweimal Erbs mit, der aber die meiste Zeit in der Magiergilde der Hauptstadt Noveliens verbringt.

Dem stolzen ohdumischen Kämpfer, Kayne, der schließlich auch Engibi verließ, um im Zentrum des Heimatkontinenten das Verschwinden seines Vaters aufzuklären, war bisher kein Erfolg beschert. Außer einigen seltsamen Vorkommnissen im Zentrum des großen Salzsees, gab es hier keine besonderen Ereignisse. Sein Kämpferorden hieß ihn willkommen und spannte ihn gleich für die allgemeinen Aufgaben ein, die in einem solchen Orden vorkommen.

Kelf von Falkenstein ruhte nicht lange aus. Gemeinsam mit Mu und Pad Paradscha verließ sie Falkenstein und holte den vor langer Zeit im Drakgebirge hinterlassenen Schatz. Dieser wurde gerecht verteilt. Durch ein große Feier bekamen aber die falschen Leute Wind von dem Fund und so dauerte es nicht lange, bis die Diebesgilde Schutzgeld verlangte. Schließlich einigte man sich gütlich, da keinem an einer Konfrontation gelegen war. Inzwischen übernimmt Kelf die Aufgabe des Krystalmagiers des Fürsten. Außerdem sind Finanzspritzen aus seinem großen Schatz von Bruder Kado gern gesehen.

Der Mönch Mu, der einst vergeblich versuchte, Wein in Pulverform zu entwickeln, fühlte sich von dem Eremiten in der Nähe des Drachenhorts zu Höherem berufen. In der Tat wollte auch er Eins mit dem Universum werden. Vorher besorgte er mit Kelf und Pad zusammen den Schatz und auch ihn wollte die Diebesgilde erleichtern. Kurzerhand vermachte er das gesamte Vermögen einem Waisenhaus in einer Form, die weder ihm noch den Dieben erlaubte, an das Geld zu kommen. Daraufhin zog er in die Einsamkeit. Doch ehe Utannarak ihn aus seinen Diensten entließ, sollte er in der Tagis die Entwicklung der neuen schwarzen Horde ausspionieren. Insbesondere stellte er den Kontakt der TLF zu den Rakis dar. Einige wichtige Informationen gingen über ihn, wie zum Beispiel die Erkenntnis über die wahre Stärke des Drachenreiters und die Bedeutung des schwarzen Schwertes, daß durch falsche Zauber der Schattenreiter zu einer Gefahr geworden war. Jetzt aber hat er sich zurückgezogen.

Pad Paradscha ließ sich in dem Wald ihres Meisters nieder, der in dieser Zeit an Altersschwäche starb. So fiel der Wald in ihre Obhut. Nachdem sie mit Kelf und Mu den Schatz holte, tauchten nicht nur die Diebe auf, mit denen sie sich wie Kelf einigte, sondern auch Holzfäller, die nur mit einem weiteren finanziellen Abkommen daran gehindert werden konnten, den Wald zu ebnen. Gewaltandrohung war dabei auf beiden Seiten ein probates Mittel. Während Pad diesen Ärger hatte, wurde der Oberdruide der Welt bestimmt, da die neuen Kontinenten einen forderten. Sie war bei dieser Konferenz nicht zugegen, erhielt aber Nachricht, daß der neubestimmte Oberdruide in Iridan weile.

Den Zauberer der Barbaren, Pireus Glendermain, hielt es nur kurz bei seinem Clan. Der alte Haß auf Uthun regte sich wieder und als Mogiliad ihm einige Nachrichten zukommen ließ, verließ er Utanna in Richtung Ohdum, wo er in Arce eintraf. Während er die Sprache lernte, erlebte er dort nicht viel. Nur von einer Falschgeldaffäre bekam er Wind, die die ganze Stadt beschäftigte. Erst seit kurzem beherrscht er die Landessprache gut genug, um seinen Geschäften nachzugehen. Bis jetzt hat er keine Spur von Uthuns Agenten, die sich hier befinden sollen.

Währenddessen findet in einer kleinen Stadt auf Utanna ein Treffen statt. Die Stadt besteht aus Ruinen und die Menschen sind damit beschäftigt, das Nötigste wieder herzurichten. Es ist Hinrah, eine der schönsten Städte des ehemaligen Tagis-reiches.


Riksluh: "Heyy, duu!"

Lins: "Riksluh, was ist?"

Riksluh: "Du scheinst dich vor jemandem zu verstecken; es war nicht so einfach, dich zu finden."

Lins: "Aber offensichtlich bin ich nicht sorgfältig vorgegangen. Du hast mich gefunden."

Riksluh: "Was ist geschehen?"

Lins: "Nun, Chem wird mich nicht mehr verfolgen, aber die anderen! Das Resultat der Abmachung habe ich nicht vorhergesehen."

Riksluh: "Na schön, dann bist du wahrscheinlich nicht daran interessiert, was die TLF zu sagen hat."

Lins: "Was hast du mit der TLF zu tun?"

Riksluh: "Sie haben mit mir gesprochen und mir von den großen Problemen erzählt, die auf die Menschheit warten, wenn die Dämonen wieder freigesetzt werden. Die Welt hat sich noch nicht von dem fürchterlichen Schlag erholt und könnte keinen weiteren Angriff ertragen."

Lins: "Du hörst dich ganz verändert an. Machst du dir neuerdings Sorgen um die Welt?"

Riksluh: "Nicht nur das. Auch hat man gesagt, wenn du für sie arbeitest, würdest du sämtliche Sprüche, die sie bis jetzt gesammelt haben, bekommen. Damit wären wir unserem Ziel viel näher."

Lins: "Welches besondere Interesse haben sie an mir?"

Riksluh: "Du wirst als der "Verräter" gehandelt, der in einem der Gedichte Stitaurs vorkommt. Nur er wird das Schicksal zum Guten wenden können. Und daraufhin arbeiten sie."

Lins: "Aha, besser sie kennen den Verräter im vornherein, als erst dann, wenn es zu spät ist."

Riksluh: "Möglich. Was sagst du? Du hast nicht mehr viel Zeit. Die Stadt ist von Orkhorden umgeben und die anderen Streiter gehen schon an's Werk."

Lins: "Ich werde es mir überlegen."

[Riksluh Ab. Später tritt ein Fremder in Lins Hütte ein.]

Fremder: "Das ist aber eine mickrige Hütte für einen mächtigen Zauberer, wie ihr es seid."

Lins: "Wer seid ihr, wenn ich fragen darf?"

Fremder: "Ihr kennt mich schon. Ich glaube, ihr schuldet mir einen Gefallen."

[Der Fremde lüftet die Kapuze.]

Lins: "Asgarot!"

Asgarot: "Genau! Ich habe eine Aufgabe für dich. Ich werde dich angemessen entlohnen. Mit Dingen, die dir mehr zusagen werden, als diese Absteige."

Lins: "Um was geht es?"

Asgarot: "In Tsah gibt es einen Engel, der mich töten soll. Ich will, daß er von dir vernichtet wird. Dafür gebe ich dir eine Waffe, die aus einem Metall geschmiedet wurde, das einzig dem Engel schaden kann."

Lins: "Und wenn ich das nicht machen will?"

Asgarot: "Ich will dir etwas zeigen: schau in diese Kugel, sie zeigt dir die Situation. Siehst du Feiache? Er hat ein Schwert, was ihn im entscheidenden Moment dazu bringen wird, den Engel zu attackieren. Es ist aus demselben Material, wie diese Waffe. Siehst du Engibi? Er hat eine Waffe, die ebenfalls aus diesem Metall besteht. Er hat einen Fluch auf sich geladen, der ihn zwingen wird, den Engel zu töten. Siehst du Kyra? Sie ist nicht in der Lage, den Engel zu berühren, das heißt, ihn zu befreien. Siehst du Chem? Er hat keine Beine und liegt bei der TLF im Bett. Und glaubst du im Ernst, ich mache mir Sorgen um den kleinen Zauberer Temujin? Der wird nicht wissen, wie ihm geschieht, wenn die Hölle um ihn herum losbricht."

Lins: "Wozu brauchst du mich?"

Asgarot: "Du hast dich schon mehrere Male würdig erwiesen. Erinnerst du dich an das schwarze Schwert und Touscatrix? An den Schwerttausch bei Feiache? Ich gebe dir eine Chance in meine Dienste zu treten und deine Loyalität zu zeigen."

Lins: "Es wäre ganz interessant. Alleine schon um das Chaos zu beobachten."

Asgarot: "Nur wenn du schwörst, dein Bestes zu geben, um den Engel zu töten, werde ich dich nach Tsah bringen. Ansonsten kämst du nicht nach Tsah hinein. Meine Orkscharen haben die Aufgabe, niemanden hineinzulassen. Und wie willst du zu den ehemaligen Gefährten vordringen? Sie glauben dir kein Wort mehr."

Lins: "Das ist wahr. Okay, ich schwöre. Wie willst du mich hineinschleusen?"

Asgarot: "Du wirst als Chem auftreten, und sagen, die Wunderheiler haben deine Beine wieder zusammengeflickt. Die werden dir das ohne weiteres abkaufen. Ich habe ein Kostüm für dich und die entsprechenden Zauber parat."

Lins: "Werde ich meine Fähigkeiten behalten?"

Asgarot: "Natürlich, du wirst auch nicht die Fähigkeiten von Chem erhalten, also sei auf der Hut."

[Lins kommt verkleidet in Tsah an und trifft die anderen.]

Lins(Chem): "Die Gefahr, die Gafariel ansprach, hat mich erwischt. Wie ihr inzwischen wißt, hat man meine Beine abgeschlagen, durch die fähigen Heiler der TLF sind die Wunden aber wieder verheilt. Es war nicht schwer, für einen geübten Mönch wie mich, durch die feindlichen Linien zu kommen."

Feiache: "Wenn diese Sache geklärt ist, werden wir Lins suchen, dann hat er einige Fragen zu beantworten. Hoffentlich hat er dann die richtigen Antworten parat."

Lins(Chem): "Hmm."

[Alle Ab.]


Copyright 1996 Michael Jung < miju@phantasia.org >
ZURÜCK INHALT WEITER